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Welterbe Haithabu Danewerk Der kürzeste Landweg von der Ostsee zur Nordsee

Von Carlo Jolly | 09.07.2022, 06:30 Uhr

Zu Fuß oder mit dem Fahrrad auf historische Route: Die kürzeste Landverbindung von der Ostsee zur Nordsee führt auf den Spuren der Wikinger von der Schlei zur Treene.

Welche seichte Stelle es wohl genau gewesen sein mag, an der sie ihre Handels- und Kriegsschiffe über den sandigen Untergrund des Haddebyer Noors ans Ufer schoben - oder auf die begrasten Wiesen des ersten Hafens am Hang von Haithabu zogen, bevor im 9. Jahrhundert die ersten Landebrücken entstanden? Gesichert ist wohl: Der Hafen von Haithabu war im frühen Mittelalter der größte Seehafen in ganz Nordeuropa. Bis ins 11. Jahrhundert ragten seine immer längeren Landungsbrücken bis weit in das Noor hinaus. So ähnlich ist es im Begleitbuch zur Dauerausstellung des Wikinger-Museums Haithabu von Birgit Maixner zu lesen.

Die Kaufleute und Krieger der Wikinger oder die friesischen Händler, die hier an Land gingen, mussten nun knapp 18 Kilometer Landweg zurücklegen, bis sie an der Treene bei Hollingstedt die tideabhängigen Nordsee-nahen Gewässer erreichten, auf denen sie ihren Seeweg nach Westen oder Norden fortsetzen konnten.

Wie genau die historische Handelstrasse rund um die Befestigungs- und Wallanlagen des Danewerks verlief? Oder ob es mehrere gab, zumal in Nord-Süd-Richtung auch noch der Ochsenweg kreuzt? Im Gegensatz zum Handelsplatz Haithabu selbst ist in der Frage der Wegeführung offenbar manches noch ungeklärt.

Matthias Toplak, einer der profundesten Kenner der Materie in Europa und seit fast einem Jahr Leiter des Museums in Haithabu, stellt sich die Reise der Nordmänner von der Nordsee ungefähr folgenermaßen vor, nachdem sie ihre Waren im Nordseehafen Hollingstedt umgeschlagen hatten: „Die knapp 18 Kilometer bis Haithabu dürften sie entlang der Rheider Au mit Ochsenkarren zurückgelegt haben oder mit kleinen Treidelbooten auf den Flusssystemen der Au selbst.“ Der Weg, womöglich unterstützt mit Zugtieren, ersparte die lange und gefährliche Route um die jütische Halbinsel – sozusagen der historische Nord-Ostsee-Kanal mit Landgang.

Wie auch immer man genau im Sommer 2022 wandert oder radelt: Wer der Wikingerroute folgen möchte, sei definitiv auf einem historischen Handelsweg entlang des Danewerks unterwegs, sagt Toplak. Geschichtlich in größere Zusammenhänge eingeordnet, sei dies imgrunde keine Ost-West-Verbindung, sondern eine Nord-Süd-Verbindung auf den Spuren der Entwicklung Nordeuropas – das Grenzgebiet zwischen Wikingern und später Dänen im Norden und den Franken und Deutschen auf der Südseite: „Die Grenze Eider/Treene existierte von 811 bis 1864.“ Historiker wie Toplak kommen ins Schwärmen, in so einer mehr als 1000 Jahre unverrückten Grenzregion unterwegs sein zu dürfen.

Wer indes heute ohne die ganz großen geschichtlichen Ambitionen auf eine Sommertour startet, kann sich zum Beispiel an der Ausschilderung des Radwegs „Thyratörn“ der Touristiker von Ostseefjord Schlei orientieren. Ist der Ausgangspunkt in Hollingstedt im Westen, lässt sich mit etwas Glück im Hollinghuus etwas zu den bislang letzten Ausgrabungen an der Treene 1995/96 erfahren.

Eine südliche Trasse führt von dort über Groß und Klein Rheide entlang der Auenlandschaft zur Thyraburg des Danewerks, eine nördliche Strecke über Ellingstedt. Westlich des Danewerk-Museums im archäologischen Park mit Thyraburg und Waldemarsmauer treffen sich beide Wege wieder.

Das komplette Gelände ist frei zugänglich, obwohl der unbedarfte Besucher eine Überraschung erlebt, wo er das Museum der Wallanlagen erwartet. Die museale Schau des Danewerks hat sich aktuell auf 90 Quadratmeter in einen hellgrauen Container auf der anderen Straßenseite des abgerissenen alten Danewerk-Museums konzentriert. Dort kann man sich für zwei Euro einen schnellen Überblick über 1500 Jahre deutsch-dänische Geschichte verschaffen.

Zwischen Mai und August graben hier erstmal die Archäologen, bevor bis Ende 2024 dann das neue Museum an gleicher Stelle fast als reines Holzhaus entstehen soll. Was die Ausgrabungen bislang ergeben haben? „Was wir im Moment finden, gehört eher zur Geschichte des Rotenkrugs aus dem 17. und 18. Jahrhundert“, sagt der künftige Danewerk-Museumsleiter Lars Erik Bethge. Es soll zu dieser Zeit ein fürstliches Lusthaus zur Jagd gewesen sein, weshalb Tabakpfeifen, Weinflaschen oder Austern zu den bisherigen Grabungstrophäen von 2022 gehören.

Die Stelle war auch Poststelle für das Herzogtum Schleswig gewesen: „Der Ort ist über anderthalb tausend Jahre durchgehend genutzt worden“, erklärt Bethge nach den Grabungen.

Wer noch mehr Zeit hat oder im größeren Zusammenhang radeln oder wandern möchte, kann sich am Wikinger-Friesen-Radweg weiter nach Westen Richtung Eidermündung orientieren – oder der Schlei ostwärts Richtung Schleimünde folgen.

Zentral bleibt jedoch die 18 Kilometer breite Landverbindung Hollingstedt – Haithabu. Historiker Toplak erklärt die Bedeutung gerne so: „Ohne diese Ost-West-Querung hätte es Haithabu nicht gegeben – und würde es auch das Museum nicht geben.“