Integration von Migranten soll bei Urner Vereinen stärker gefördert werden

Im Rahmen einer Projektarbeit haben sich drei Studentinnen mit der Thematik Integration von Migranten durch Urner Vereine befasst. An der Abschlussveranstaltung wurden die erarbeiteten Empfehlungen vorgestellt.

Nino Gisler
Drucken

Rund 35 Interessierte finden sich in der Aula Hagen in Altdorf ein. In coronakonformem Abstand wurden die Stühle platziert, auf jedem Stuhl befindet sich eine 30-seitige Broschüre mit Projektbeschrieb. Der Broschürenname richtet sich an das Zielpublikum: «Suchen Sie Nachwuchs für Ihren Verein und sind offen für Migrantinnen und Migranten?». In der Zentralschweiz beteiligt sich rund die Hälfte der Wohnbevölkerung aktiv in einem Verein, wobei Menschen mit Migrationshintergrund deutlich untervertreten sind. Die Studentinnen im Bachelor-Studiengang Soziale Arbeit der Hochschule Luzern, Karin Arnold, Angelina Tschümperlin und Nora Zwahlen, haben in Zusammenarbeit mit der Koordinationsstelle soziale Integration Uri die Gründe dazu erforscht und Empfehlungen zuhanden der Urner Vereine erarbeitet. An der Abschlussveranstaltung des Projektes «Zusammenleben in einer vielfältigen Gesellschaft im Kanton Uri» am vergangenen Dienstagabend wurden die erarbeiteten Empfehlungen Vertretern Urner Vereine sowie Fachpersonen vorgestellt.


Auf der Bühne stehen die drei Studentinnen, um Punkt 19 Uhr ergreift Angelina Tschümperlin aus Schwyz das Wort: «Die Mitwirkung in Vereinen ist für alle Bevölkerungsschichten ein wichtiges Instrument für die gesellschaftliche Integration», so Tschümperlin. Alle drei seien in einem Verein aktiv oder bis vor kurzem gewesen, betont sie und holt zugleich aus, dass eine vermischte Vereinskultur neue Chancen für Migranten wie für Vereine bietet. Migranten erhalten so die Möglichkeit, neue Freundschaften zu schliessen und ihre Kenntnisse in der lokalen Sprache zu verbessern, Vereine können dadurch neue Mitglieder gewinnen und somit ihre Existenz sichern.

Die drei Referentinnen in der Aula Hagen in Altdorf (von links): Angelina Tschümperlin, Nora Zwahlen, Karin Arnold.

Die drei Referentinnen in der Aula Hagen in Altdorf (von links):
Angelina Tschümperlin, Nora Zwahlen, Karin Arnold.

Bild: Nino Gisler (25. August 2020)

Vereine in der Pflicht

Im Rahmen des Projektes wurden Urner Vereinsvertreter über Erfahrungen mit Migranten befragt, so Tschümperlin. Aus der Befragung habe sich herauskristallisiert, dass ein Bedürfnis nach Handlungsempfehlungen vorhanden sei. Ausführlich erklärt Nora Zwahlen aus Freiburg die erarbeiteten Empfehlungen. So sollen zum Beispiel Urner Vereine aktiv auf Migranten zugehen und sie mit geeignetem Informationsmaterial versorgen. Wichtig bei der Gestaltung von Flyern sei, «dass dieser in simpler Sprache zu halten ist. Kurze und einfache Sätze sind dabei zentral».

Im Hinblick auf eine reibungslose Vereinsmitgliedschaft der Migranten sei zu betonen, dass bei einem ersten Kennenlernen die gegenseitigen Erwartungen geklärt werden müssen. Die Vereinsmitglieder zeigen den Migranten Rechte und Pflichten einer Mitgliedschaft auf und bieten interne Kontaktmöglichkeiten an. Dazu eignet sich das Gotti/Götti-System. Damit Migranten im Verein bleiben, brauchen sie vor allem in der Anfangsphase eine engere Begleitung und Unterstützung seitens des Vereins. Eine vereinsinterne Person kann den Migranten helfen, andere Vereinsmitglieder kennenzulernen oder auch als Vermittlungsperson bei Konflikten dienen.

Um die Empfehlungen in der Praxis zu testen, wurde in Zusammenarbeit mit der Stützpunktfeuerwehr Erstfeld einen Praxiseinsatz für Migranten durchgeführt. Sechs Migranten haben sich freiwillig dazu entschieden, am Praxiseinsatz teilzunehmen. Kirusanth Kirushnamoorthy ist einer davon. Der 24-jährige Srilankese lebt seit fünf Jahren in der Schweiz und absolviert zurzeit die Lehre als Polymechaniker bei der Emil Gisler AG in Seedorf. «Aufgrund meiner beruflichen Tätigkeiten bin ich es mir gewöhnt, mit anzupacken. Der Anlass hat mir sehr gefallen», sagt er in einem Kurzreferat auf der Bühne.

Kirusanth Kirushnamoorthy (24) erzählt über seine Erfahrungen beim Praxiseinsatz.

Kirusanth Kirushnamoorthy (24) erzählt über seine Erfahrungen beim Praxiseinsatz.

Bild: Nino Gisler (Altdorf, 25. August 2020)

Koordinationsstelle soziale Integration dient als Ansprechpartner

An der Veranstaltung kommt auch Begije Berisha von der Koordinationsstelle soziale Integration Uri zu Wort. Sie betont, dass die Hemmschwelle bei Flüchtlingen und Migranten bislang recht gross gewesen sei, einem Verein beizutreten, sei es aufgrund sprachlicher Barrieren oder aus Angst vor Akzeptanz. Das Ergebnis der Projektarbeit wird an die Koordinationsstelle übergeben, die nun als Ansprechstelle für Urner Vereine in Sachen Integration von Migranten dient, versichert Berisha.

Am Schluss des Referats kommen nochmals die drei Studentinnen zu Wort. Ihnen ist es wichtig, dass die Vereine berücksichtigen, dass alle, seien es Migranten oder Einheimische, am Anfang Zeit brauchen, um das «Tun» im Verein zu erlernen. Geringe Sprachkenntnisse können solche Prozesse zusätzlich erschweren. Vereine sollen bei neuen Mitgliedern mit Migrationshintergrund geduldig bleiben und ihnen Zeit lassen, sich im Verein zu integrieren. Denn nur so klappt das Zusammenleben in einer vielfältigen Gesellschaft im Kanton Uri.