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Immobilien des Landes SH Gasnotstand: Wer hat das Recht auf 20 Grad Bürotemperatur im Amt?

Von Margret Kiosz | 20.07.2022, 00:01 Uhr

Sie will in der Gaskrise mit gutem Beispiel vorangehen: Wie die Landesverwaltung jetzt mit der neuen Energiesituation umzugehen versucht.

Die Bürger sollen kürzer duschen und ihre Heizungen warten lassen, um Gas zu sparen. Doch was macht die öffentliche Hand im Norden, um der Energiekrise den Wind aus den Segeln zu nehmen? Schließlich arbeiten Landesbeamte und Angestellte im öffentlichen Dienst in Schleswig-Holstein in rund 1400 Gebäuden mit rund zwei Millionen Quadratmeter beheizter Netto-Raumfläche.

Wir haben nachgefragt. Die offizielle Antwort des zuständigen Kieler Finanzministeriums lautet: Aktuell werde „für die Verwaltungsliegenschaften des Landes ein mehrstufiges Konzept ausgearbeitet“. Geht es auch konkreter? Ja! Die Objektbetreuer – gemeint sind offenbar die Hausmeister – überprüfen die Heizanlagen und optimieren sie – ähnlich wie in den privaten Haushalten – durch einen hydraulischen Abgleich.

Finanzministerium: Stoßlüften statt Kipplüften

Sollte es eng werden mit den Gaslieferungen – noch ist das nach Ansicht der Heinold-Behörde offenbar nicht der Fall – werde es Aufforderungen an die Mitarbeiter geben, das eigene Verhalten bewusst energieeffizienter auszurichten, etwa durch Stoßlüften statt Kipplüften, die Bürotüren zu den Fluren und Treppenhäusern sollen geschlossen gehalten werden sowie nicht unbedingt benötigtes Licht und Stand-by-Geräte ausgeschaltet werden. Eine Klima-Anlage gibt es nur für ganz wenige, zum Beispiel in Sitzungsräumen des Landtags, teilte uns die Landtagsverwaltung mit.

„Die intensive Nutzung von Homeoffice ab 2020 ist in den Energie-Verbräuchen kaum bemerkbar.“
Mitteilung des Kieler Finanzministeriums

Drohende Versorgungsengpässe beim Gas haben auch die Diskussion angefacht, erneut eine Homeoffice-Pflicht zu verhängen. Doch deren Comeback ist kein Selbstgänger: „Die Auswertung der Verbrauchszahlen des Energieberichts 2021 zeigt, dass die intensive Nutzung von Homeoffice ab 2020 in den Energie-Verbräuchen kaum bemerkbar ist“, teilte das Finanzministerium mit.

„Außentemperatur bestimmt den Verbrauch“

Aus dem Jahresbericht 2021 der GMSH, die die Landesliegenschaften managt, geht hervor, das wegen des Homeoffice nur Stromverbräuche leicht gesunken sind. Im Bereich des Wärmeverbrauchs seien jedoch keine Veränderungen erkennbar, „da der Heizenergieverbrauch im Wesentlichen von den Außentemperaturen und weniger von der Belegungsdichte abhängt“. Nennenswerte Senkungen des Energieverbrauchs seien nur möglich, wenn Gebäude stillgelegt würden und die Wärmeversorgung in den leergezogenen Teilen auf ein Minimum (um Gebäudeschäden zu vermeiden) reduziert wird.

Arbeitsstättenrichtlinie: 20 Grad sind vorgeschrieben

Die Temperatur in den Büros wird durch die Arbeitsstättenrichtlinien vorgegeben. 20 Grad sind vorgeschrieben. Ein Unterschreiten kann derzeit nur auf freiwilliger Basis der Mitarbeitenden selbst erfolgen. Allerdings sieht ein Entwurf für einen Notfallplan der EU-Kommission vor, dass öffentliche Gebäude, Büros und kommerzielle Gebäude ab Herbst bis maximal 19 Grad beheizt werden sollen.

„Ein bisschen weniger wäre in den Randzeiten auch tolerabel.“
Robert Habeck
Bundeswirtschaftsminister

Und auch Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagt mollig warmen Beamtenstuben den Kampf an. Die bisherige Praxis müsse geändert werden, fordert er: „In vielen öffentlichen Gebäuden wird von 6 Uhr morgens bis 23 Uhr abends die volle Raumtemperatur bereitgestellt. Ein bisschen weniger wäre in den Randzeiten auch tolerabel.“

Vorschläge gibt es derzeit zuhauf. Zum Beispiel das warme Wasser in Waschräumen abzustellen. Ob sich das angesichts der nötigen Hygienemaßnahmen im Zuge der Corona-Bekämpfung durchsetzen lässt, ist allerdings fraglich.

Gas für 24 Millionen Euro

Der GMSH-Bericht von 2021 zeigt auf jeden Fall, dass es sich bei der Energieversorgung öffentlicher Liegenschaften nicht um Peanuts handelt. Insgesamt wurden über 200 Gigawattstunden (GWh) Strom – Kostenpunkt 13 Millionen Euro – und 106 GWh Gas für 24 Millionen Euro verbraucht. Dabei sind in diesen Summen selbstständige Einrichtungen des Landes wie das Uni-Klinikum nicht enthalten.

Zwei Drittel der Bürger wollen sich einschränken

In einer Forsa-Umfrage gaben zwei Drittel der Befragten (66 Prozent) in der vergangenen Woche an, angesichts der aktuellen Lage im kommenden Winter das Heizen einzuschränken. Ein Drittel (33 Prozent) will sich nicht einschränken. Bereits bestehende Regeln sehen vor, dass bei Gasknappheit private Haushalte und etwa Krankenhäuser priorisiert würden. 51 Prozent der Deutschen glauben, dass die verhängten Sanktionen Deutschland mehr schaden als Russland. Außenministerin Baerbock schließt eine Lockerung der Sanktionen jedoch aus.